Hand in Hand: Wenn Notenlesen und Geigespielen gemeinsam wachsen

Eine kleine Material-Idee mit großer Wirkung: Was tun, wenn das Notenbild zu komplex wird – und die Lust am neuen Stück schwindet? Hier erzähle ich, wie einfache Requisiten zum Schlüssel für Lesesicherheit und Spielfreude wurden.

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Die besten Ideen kommen in konkreten Unterrichts-Situationen


Es sind die Kinder, die mich immer wieder dazu bringen, mein Vorgehen zu überdenken, neue Wege einzuschlagen oder Werkzeuge zu erstellen. So erging es mir in den letzten Wochen mit meiner Vierer-Gruppe. Die vier Mädchen im Vor- und Grundschulalter haben tolle Fortschritte mit dem Geigenspiel und dem Notenlesen gemacht. Lesen mit Hilfe der bunten Linien der Notenlesehilfe IsiQuint beherrschen sie sicher. Das neue Stück ist jedoch ohne farbige Linien notiert. Es ist fünf Seiten lang, da ich es ihnen im Notenschreibprogramm so groß wie möglich skaliert habe. Die Linien sind aber zu klein, um von Hand die farbigen Linien nachzuzeichnen.


Also: Sprung ins kalte Wasser! Ich dachte, das klappt schon, meistens kriegen die Schüler diesen Schritt gut gemeistert. Aber dieses Mal spürte ich die Überforderung, und wie sofort die Lust auf das neue Stück verschwand. Da musste ich mir etwas einfallen lassen...


Etwas Großes, etwas Greifbares musste her, etwas, das schon beim Anschauen gute Stimmung macht, Neugierde weckt und Lust auf das Lernen bringt.


Ich suchte im ganzen Haus herum. Etwas, das nach Noten aussieht, kleiner als Pappteller und größer als Geldstücke ist. Schließlich wurde ich fündig im Vorratsraum bei den Marmeladenglas-Deckeln. Auch den passenden Papierstreifen fand ich mit einer Rolle Packpapier. Ich breitete die Sachen auf dem Boden aus, suchte nach Maßband und großem Lineal, das ich bei meinen Nähsachen fand.


So entstanden maßgeschneiderte Notenlinien für meine Marmeladendeckel, die ich in einem kleinen Säckchen versteckte und den Kindern zum Raten hinhielt: Wonach klingt das? Wie fühlt es sich an? Tatsächlich, sie fanden heraus was es ist! Schon das Verteilen war eine Freude an sich. Wer bekommt welchen Deckel mit welchem Muster?


So ein Spiel hat natürlich nichts mit dem Notenlernen zu tun. Es brachte aber gute Stimmung und half den Kindern, neugierig, aufgeschlossen und lernbereit zu sein.


Anschließend war es ein großer Spaß, die Linien von unten nach oben zu zählen, fünf sind es, wie die Finger an einer Hand, und abzufragen, ob sie die richtigen Linien zeigen konnten. Nun überlegten wir, welche Farben die Linien bei ihren vorigen Noten hatten. Das herauszufinden war tatsächlich schwieriger, als ich dachte. 

Wir mussten richtig üben, bis das Orientieren in den schwarzen Linien funktionierte. 


Nach einer intensiven Übe-Spiel-Phase konnten sie ihre Marmeladendeckel-Noten sicher an die richtige Stelle legen, oder umgekehrt sagen, wie sie eine Note spielen würden.

Nun legte ich den Anfang des neuen Stücks in die Notenlinien. Um lange Noten darzustellen, drehte ich die Deckel um, denn innendrin sind sie weiß! Das war ein neuer Gag, der allen gefiel. Alle vier Kinder konnten jetzt das neue Stück nach Noten spielen. Und besonders schön: Das Mädchen, das beim Spielen oft die Langsamste ist, war beim Lesen die Schnellste!


Notenlesen, das sich parallel zum Fortschritt auf dem Instrument entwickelt, hilft, Lese-Überforderung zu vermeiden und macht Fingersätze komplett überflüssig.


Mittlerweile wende ich diesen "Hand-in-Hand-Grundsatz" (Notenlesen und Geigespielen parallel lernen) schon in der Probestunde an. Wenn der erste Ton gespielt wird, zeige ich dem Kind, wie er als Note aussieht. 


Genauere Ausführungen findest du in meinem Online-Kurs über die Notenlesehilfe IsiQuint. 


Herzliche Grüße, 


Regine